Wie alles began

Die Geschichte des Automobils im engeren Sinne begann im 19. Jahrhundert. Das Jahr 1886 gilt mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 des deutschen Erfinders Carl Benz, der wegweisende technische Verbesserungen aufwies, als das Geburtsjahr des modernen Automobils mit Verbrennungsmotor. Allerdings wurden bereits zuvor Dampfwagen, Elektroautos und auch erste, frühere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gebaut.


Mit dem 20. Jahrhundert lösten motorisierte Wagen in nahezu allen Bereichen die von Zugtieren gezogenen Fuhrwerke mehr und mehr ab. Technisch durchlief die Geschichte des Automobils einen mehrfachen Wandel. So wurden im Jahr 1900 in den Vereinigten Staaten 40 Prozent der Automobile mit Dampf betrieben, 38 Prozent elektrisch, und nur 22 Prozent fuhren mit Benzin. Mitte des 20. Jahrhunderts fuhren weltweit praktisch alle Autos mit einem Verbrennungskraftstoff. Anfang des 21. Jahrhunderts spielen elektrische Antriebe wieder eine zunehmende Rolle.

Die technischen Entwicklungen, die zum heutigen Automobil führten, begannen um 4000 v. Chr. mit der Erfindung des Rads, die unabhängig voneinander in mehreren Kulturen gleichzeitig stattfand. Der Ursprung des Wagens, also der dem heutigen Automobil vorangehenden starren Konstruktion mit Rädern, ist umstritten. Jüngere Forschungen vermuten eine mitteleuropäische Erfindung im Gebiet des heutigen Deutschlands.[1]


Um 400 v. Chr. bewegten mit Muskelkraft betriebene Treträder hellenische Belagerungstürme. 308 v. Chr. wurde der Wagen des Demetrios von Phaleron von Menschen transportiert, die sich im Inneren des Wagens befanden. Auch aus der römischen Geschichte ist ein Wagen bekannt, der innen von Sklaven mit Muskelkraft bewegt wurde (um 200 n. Chr.).


Roger Bacon (* 1214), ein Mönch und Gelehrter des Mittelalters, formulierte erstmals die Idee des sich selbstständig (autonom) fortbewegenden Mobils:


„Eines Tages wird man Karren zu bauen vermögen, die sich bewegen und in Bewegung bleiben, ohne geschoben oder von irgendeinem Tier gezogen zu werden.“[2]


Um 1447 tauchten in Deutschland sogenannte Muskelkraftwagen auf. 1490 zeichnete Leonardo da Vinci eine Art selbstfahrenden Panzerwagen.

1600 baute der niederländische Mathematiker Simon Stevin einen funktionierenden Segelwagen mit Rädern, der mit Windenergie 30 Personen transportieren konnte.


1649 schaffte der Nürnberger Zeugschmied Hans Hautsch mit einem vierrädrigen mechanischen Wagen möglicherweise den Durchbruch zur Automobilität: Der Wagen fuhr angeblich mit 1,6 km/h von selbst:[3]


„Das also frei geht und bedarf keiner Vorspannung, weder von Pferden noch anders. Und geht solcher Wagen in einer Stund 2000 Schritt; man kann still halten, wenn man will, man kann fortfahren, wenn man will, und ist doch alles von Uhrwerk gemacht.“[4]


1650 kaufte der spätere König Prinz Karl Gustav von Schweden Hautsch das Gefährt für 500 Reichstaler ab und setzte es bei Feierlichkeiten Königin Kristinas zur großen Verblüffung der Anwesenden ein.[5] Von 1650 bis 1660 vermarktete Hautsch mechanische, durch Muskelkraft angetriebene „Prunkwagen“, also scheinbar selbst fahrende Wagen mit prachtvoller Ausstattung.


1674 konstruierte der niederländische Physiker Christiaan Huygens (1629–1695) eine Kolbenmaschine mit Pulverantrieb. Huygens gilt als Vordenker des Verbrennungsmotors und Erfinder des Kolbenmotors, nach dessen Schema auch die meisten heutigen Automotoren arbeiten. Bei Huygens handelte es sich um einen Explosionsmotor, bei dem Schießpulver als Brennstoff eingesetzt wurde.


1678 baute der belgische Jesuitenpater Ferdinand Verbiest am chinesischen Hof in der jungen Qing-Dynastie das Modell eines dreirädrigen Dampfwagens. Es blieb jedoch beim Modell.


Der englische Physiker Isaac Newton legte 1680 das Konzept eines Dampfwagens vor. 1690 baute der Franzose Denis Papin eine Hochdruckdampfmaschine mit Kolben.

Der Engländer Thomas Newcomen entwickelte die Dampfmaschine 1712 weiter, indem er den Dampf bereits außerhalb des Zylinders erzeugte.


1768 nahm der schottische Physiker James Watt weitere Veränderungen an der Dampfmaschine vor und gilt so als der Erfinder der direkt wirkenden Dampfmaschine. Im strengen Sinne sind auch die ersten Dampflokomotiven Auto-Mobile.


1769 baute der französische Militäringenieur Nicholas Cugnot für die französische Armee einen dreirädrigen Dampfwagen, der als Artilleriezugmaschine dienen sollte. Das Gefährt hatte zwei Zylinder, deren Kolbenstangen das Vorderrad über eine Art Freilaufgetriebe drehten. Die Konstruktion dieser Dampfmaschine ging auf den russischen Erfinder Iwan Iwanowitsch Polsunow zurück. Der Dampfkraftwagen des Franzosen erreichte verschiedenen Quellen zufolge eine Geschwindigkeit zwischen 3 und 5 km/h und löste damit den deutschen Weltrekord von 1,6 km/h ab. Der Cugnotsche „Dampfblockwagen“ war jedoch schwer zu lenken: Sein über der Vorderachse hängender Wasserkessel gab ihm ein zu hohes Frontgewicht, sodass bereits eine der ersten Vorführfahrten an einer Kasernenmauer endete. Das Original befindet sich heute im Pariser Conservatoire National des Arts et Métiers.


Ende des 18. Jahrhunderts schuf der Russe Iwan Petrowitsch Kulibin das sogenannte Samohyb, das in seiner Grundkonstruktion mit Chassis, Schwungrad, Getriebegehäuse, Bandbremsen und Wälzlagern fast hundert Jahre später in den ersten Automobilen mit Verbrennungsmotor wiederzufinden war.


Im 19. Jahrhundert wurde eine Vielzahl an Dampfautomobilen gebaut. Zudem experimentierten Erfinder und Ingenieure in ganz Europa mit Muskelkraftwagen und Segelwagen.


In England hatte Richard Trevithick schon 1797 ein kleines Dampfwagenmodell entwickelt, bei dem die Kesselheizung mit Hilfe eines in das Flammrohr eingesteckten glühenden Eisenstabes erfolgte. In der Folge konstruierte er 1801 einen Dampfwagen, der unter dem Namen Puffing Devil in Camborne Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h selbst über Steigungen beförderte.


1803 baute abermals Trevithick ein weiteres selbstfahrendes Fahrzeug, das London Steam Carriage, das im Prinzip eine mit einer Dampfmaschine ausgerüstete Postkutsche war. Es erregte die Aufmerksamkeit von Publikum und Presse, war aber im Betrieb wesentlich teurer als eine gewöhnliche Pferdekutsche und konnte sich deshalb nicht durchsetzen.


Ende 1804 konnte der amerikanische Stellmacher Oliver Evans seine Idee realisieren, mit Dampf ein Fahrzeug zu betreiben. Sie hatte ihn bereits seit 1772 beschäftigt, seine persönlichen Verhältnisse und widrige Umstände hatten der Verwirklichung aber im Weg gestanden. Evans’ Orukter Amphibolos wurde von seiner Weiterentwicklung der Newcomen-Dampfmaschine angetrieben. Das Fahrzeug war ein Schwimmbagger mit einem Schaufelrad im Heck. Den Weg von Evans’ Werkstatt zum Wasser, etwa 1,5 Kilometer, legte Orukter Amphibolos aus eigener Kraft zurück. Evans hatte dazu einen vierrädrigen Karren gebaut auf dem das Boot lag. Dessen Dampfmaschine trieb über Transmissionsriemen zwei der Räder an. Einmal im Wasser, konnte die Fahrt an Land nicht wiederholt werden. Dennoch baute Evans damit nicht nur eines der ersten funktionierenden Automobile, sondern auch das erste Amphibienfahrzeug überhaupt.


Ebenfalls 1804 entwickelte der Schweizer Isaac de Rivaz den ersten Wagen mit Verbrennungsmotor, der 26 Meter weit gefahren sein soll. Das Fahrzeug hatte einen Zweitakt-Explosionsmotor, der mit einem Gemisch aus Steinkohlengas und Wasserstoff betrieben wurde.


Bereits 1828 gab es in England einen mehr oder weniger regelmäßigen Pendeldienst mit einem Dampfbus zwischen London und Bath. Ab 1829 baute der Engländer Walter Hancock Dampfwagen für den privaten Gebrauch sowie etliche Dampfomnibusse. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand noch ein erfolgreicher Dampf-Lkw, der Sentinel.


1839 wurde das erste Elektrofahrzeug von Robert Anderson in Aberdeen gebaut.


1860 patentierte der Deutsche Christian Reithmann den Viertaktmotor. Im selben Jahr erhielt der Franzose Étienne Lenoir ein Patent auf einen betriebsfähigen Gasmotor. Im September 1863 fuhr er mit seinem Hippomobile genannten Straßenfahrzeug mit Verbrennungsmotor von Paris nach Joinville-le-Pont und zurück.[7] Ein weiteres Hippomobile verkaufte Lenoir an den russischen Zaren Alexander II.


1869 konstruierten die beiden Franzosen Pierre Michaux und M. Perreaux das erste von einer Dampfmaschine angetriebene Fahrrad.


1870 unternahm der Deutsch-Österreicher Siegfried Marcus in Wien Fahrversuche mit einem direkt wirkenden verdichtungslosen Zweitaktmotor, der auf einem einfachen Handwagen montiert wurde.


Ab 1876 begann die Produktion der Viertaktmotoren in der Deutz AG; diese Motoren waren durch das Deutsche Reichspatent DRP 532 vom 9. Mai 1876 geschützt.


1878 kam es zur wohl ersten Wettfahrt motorisierter Fahrzeuge, als in Wisconsin die Dampffahrzeuge Oshkosh Steam Wagon von Frank A. Shomer und der technisch überlegene, aber unfertige Green Bay Steamer von E. P. Cowles gegeneinander antraten. Das Preisgeld von 10.000 Dollar (nach heutigem Stand etwa 238.100 Dollar) für jenen Bürger, der einen „billigen und praktischen Ersatz für Pferde und andere Tiere auf dem Highway und der Farm“ erfände, stiftete der Staat. Es waren eine Distanz von 325 km von Green Bay nach Madison zurückzulegen und Sonderprüfungen zu bestehen. Der Oshkosh siegte, nachdem der Green Bay früh wegen eines Unfalls ausgeschieden war.


Zu den bedeutendsten Konstruktionen Frankreichs zu dieser Zeit gehörten die Dampfmobile von Amédée Bollée (ab 1873) und Léon Serpollet (ab 1888); letzterer hatte bereits 1881, gemeinsam mit seinem Bruder Henri, einen schneller betriebsbereiten Dampfkessel patentieren lassen. Ein namhafter Hersteller solcher Fahrzeuge ab 1884 war De Dion, Bouton & Trépardoux.